Once in a lifetime (denke ich mal)
Als Umweltwissenschaftler und Naturfotograf gibt es viele Momente in der Natur, die mich in Staunen versetzen – aber nur wenige können mit dem spektakulären Polarlicht vom 10. Oktober 2024 mithalten. Dieses seltene und außergewöhnlich starke Naturschauspiel war nicht nur in den hohen Breitengraden, sondern sogar über Deutschland hinweg deutlich sichtbar. Für Naturbegeisterte und Fotografen wie mich war es ein Moment, den man wohl nur einmal im Leben erlebt.
Magische Farbenpracht: Der Beginn um 20:00 Uhr
Das Polarlicht zeigte sich bereits am frühen Abend gegen 20:00 Uhr in seiner vollen Pracht. Wie in einem Märchen begannen die grünen, pinken und lila Farben, über den Himmel zu tanzen. Normalerweise erfordert das Fotografieren eines Polarlichts viel Geduld und technisches Geschick, da die Farben oft nur schwach sichtbar sind. Doch an diesem Abend war es anders. Die Farben waren so intensiv, dass ich die Helligkeit und Sättigung meiner Aufnahmen reduzieren musste – etwas, das in der Polarlichtfotografie äußerst selten ist!
Das erste Bild zeigt dieses beeindruckende Farbenspiel. Der Himmel leuchtete in einem satten Grün, das in intensives Pink und Lila überging. Es war ein Moment, in dem die Natur fast surreal wirkte. Selbst mit bloßem Auge waren die Farben überaus deutlich zu erkennen, was in unseren Breitengraden nur bei besonders starken geomagnetischen Stürmen vorkommt. Hier zeigt sich, wie intensiv die Sonnenaktivität in diesen Stunden war.
Eine ruhige Phase: Verblassen des Lichts um 21:00 Uhr
Interessanterweise gab es gegen 21:00 Uhr eine Phase, in der das Polarlicht fast komplett verblasste. Die Farben, die zuvor noch den Himmel dominierten, schienen für eine Weile zu verschwinden, bevor sie später wieder aufflammten. Dies ist ein Phänomen, das oft mit Schwankungen in der Intensität des Sonnenwinds und der geomagnetischen Aktivität zusammenhängt.
Das Bild, das ich in dieser Phase gemacht habe, zeigt, wie die kräftigen Farben einer sanften grünen Aurora wichen. Dieses subtile Leuchten hatte dennoch seine eigene Schönheit – die ruhigen Momente des Himmels bieten oft genauso viel Faszination wie die dramatischen Höhepunkte.
Der dramatische Wandel: Rot am Himmel um 23:00 Uhr
Gegen 23:00 Uhr veränderte sich das Polarlicht dann noch einmal dramatisch. Der grüne und pinke Schimmer wich einem tiefen Rot, das den gesamten Himmel einnahm. Dieses Phänomen ist äußerst selten, denn rotes Polarlicht entsteht durch Sauerstoffatome in sehr großen Höhen und erfordert eine besonders starke geomagnetische Aktivität.
Das folgende Bild zeigt dieses faszinierende Szenario. Der Himmel war vollständig in ein kräftiges Rot getaucht, während ein giftgrüner Streifen den Horizont entlangzog. Dieses Farbspiel wirkte beinahe wie aus einer anderen Welt – ein seltenes Zusammenspiel von Naturkräften, das man so nur wenige Male im Leben sehen wird.
Morgens um 5 (wieder am Zwischenahner Meer) war es immer noch spektakulär, aber lange nicht mehr so stark:
Die Wissenschaft hinter dem Polarlicht
Polarlichter entstehen durch den Sonnenwind, der geladene Teilchen in Richtung Erde schleudert. Diese Teilchen treffen auf das Magnetfeld der Erde und interagieren mit den Gasen in der oberen Atmosphäre, was die charakteristischen Lichter erzeugt. Die Farbe des Polarlichts hängt dabei von der Höhe und den betroffenen Gasen ab. Das grüne Licht entsteht in etwa 100 Kilometern Höhe durch Sauerstoffmoleküle, während das seltenere rote Licht in etwa 200 Kilometern durch Sauerstoffatome verursacht wird.
Das Polarlicht vom 10. Oktober 2024 wurde durch einen besonders starken Sonnensturm verursacht. Diese Sonnenstürme – sogenannte geomagnetische Stürme – entstehen, wenn starke Sonnenwinde das Erdmagnetfeld treffen. In diesem Fall war der Sonnensturm so mächtig, dass die Aurora nicht nur in den nördlichen Regionen sichtbar war, sondern auch bis weit nach Mitteleuropa reichte.
Ein unvergessliches Erlebnis
Für mich als Naturfotograf war das Polarlicht ein unvergessliches Erlebnis. Es sind Momente wie diese, die uns daran erinnern, wie beeindruckend und mächtig die Natur sein kann. Die schlaflose Nacht war es absolut wert. Die Intensität der Farben, die weite Sichtbarkeit und die außergewöhnliche Präsenz dieses Ereignisses machten es zu einem „Once in a lifetime“-Erlebnis.
Es bleibt zu hoffen, dass solche Momente uns auch in Zukunft immer wieder daran erinnern, wie verbunden wir mit den Kräften der Natur sind. Für alle, die das Polarlicht an diesem Abend erlebt haben, bleibt es ein magisches Ereignis, das noch lange in Erinnerung bleiben wird.
P.S.: Memo an mich: ich sollte echt mal in ein „richtiges“ Weitwinkel-Objektiv investieren. Das spart deutlich Zeit und Arbeit!