Winter in Island: Lava, Nordlichter und Gletscher
Unsere Reise nach Island begann ungewöhnlich – und dramatisch. Wir kamen abends in Reykjavík an, nach einem langen Flug durch die winterlichen Wolken. Die Stadt war ruhig und verschneit, und nachdem wir uns in unserer Unterkunft eingerichtet hatten, fiel ich erschöpft ins Bett. Doch der eigentliche Beginn des Abenteuers sollte schon in den frühen Morgenstunden folgen.
Um 6 Uhr früh riss mich Mona, meine Freundin und Reisebegleiterin, aus dem Schlaf. „Der Vulkan ist ausgebrochen!“, rief sie, doch ich konnte es zunächst nicht glauben. War das wirklich möglich? Erst als ich die Nachrichten checkte und die erste heiße Lava über die Halbinsel fließen sah, war klar: Litli-Hrútur hatte begonnen, die isländische Landschaft erneut zu verändern.
Die erste Begegnung mit Litli-Hrútur: Ein Inferno in der Nacht
Der Vulkan war nicht weit entfernt, und so zögerten wir keine Sekunde. Zunächst schauten wir uns das Spektakel aus sicherer Entfernung an – noch in der Dunkelheit, von der Bucht von Reykjavík aus. Es war surreal, die glühende Lava in der Ferne zu sehen, während die Stadt friedlich unter dem Nachthimmel schlummerte.
Später fuhren wir weiter in Richtung Keflavík, wo es einen Parkplatz an einem Denkmal gibt. Von dort aus hatten wir eine noch bessere Sicht auf das Feuer, das die Nacht erhellte. Die Straße zur Blauen Lagune war bereits zerstört, der Zugang zur beliebten Attraktion blockiert. Es war beeindruckend und furchteinflößend zugleich, wie unaufhaltsam sich die Natur ihren Weg bahnte.
Zu Mittag fuhren wir zurück nach Reykjavík, die Gedanken immer noch beim gewaltigen Ausbruch des Vulkans. Doch es war Zeit, die Reise fortzusetzen – Island hatte noch viel mehr zu bieten.
Der schwarze Strand und Vík
Am Nachmittag machten wir uns auf den Weg zum berühmten schwarzen Strand von Reynisfjara und weiter nach Vík, dem südlichsten Dorf Islands. Der Kontrast zwischen den schneebedeckten Bergen und dem tiefschwarzen Lavasand war unglaublich schön, und der Wind peitschte die Wellen gegen die Küste. Die mystischen Felsformationen am Strand, die wie uralte Säulen aus dem Meer ragten, gaben dem Ort eine fast unheimliche Atmosphäre.
Gletscher, Diamond Beach und tierische Begegnungen
Am nächsten Tag stand ein weiteres Highlight auf dem Programm: Wir besuchten den gewaltigen Gletscher Jökulsárlón, dessen schmelzendes Eis den berühmten Diamond Beach speist. Die blau leuchtenden Eisblöcke, die wie Juwelen am schwarzen Sandstrand verteilt waren, schufen eine märchenhafte Szenerie. Während wir am Strand standen, entdeckten wir Schneeammern, kleine Vögel, die sich im Winter in Island aufhalten, sowie Robben, die sich an den Eisschollen in der Lagune tummelten.
Am nächsten Morgen wagten wir uns in eine Gletscherhöhle, die durch die Eisschmelze im Winter entstanden war. Die bläulichen Wände der Höhle glitzerten im Licht unserer Stirnlampen, und es fühlte sich an, als wären wir in einer anderen Welt.
Schneesturm und Rentiere: Ein unvergesslicher Morgen
Am folgenden Tag wollten wir nach Höfn fahren, doch ein heftiger Schneesturm zwang uns, unsere Pläne zu ändern. Die Straßen waren unpassierbar, und wir mussten umkehren. Doch der nächste Morgen hielt eine Überraschung für uns bereit: Rentiere standen am Straßenrand, eine seltene und wunderschöne Begegnung. Diese majestätischen Tiere rundeten unseren Winterausflug perfekt ab.
Zurück zum schwarzen Strand bei Sonnenuntergang
Am späten Nachmittag kehrten wir noch einmal zum schwarzen Strand zurück – diesmal im Sonnenuntergang. Die tief stehende Sonne tauchte die Landschaft in goldenes Licht, und der Himmel über dem Meer erstrahlte in Pastellfarben. Es war ein fast kitschig-schönes Bild, aber genau diese Momente machen Island so einzigartig.
Polarlichter, Seljalandsfoss und Schneemann-Spaß
Der Abend brachte eine weitere Enttäuschung: Unsere Jagd nach den Polarlichtern am Seljalandsfoss, dem malerischen Wasserfall, war nur mäßig erfolgreich. Die Lichter erschienen nur schwach, doch wir machten das Beste daraus.
Vor unserer Unterkunft bauten wir einen Schneemann – wann kann man das schon mal als Mitteleuropäer? Zur Überraschung vieler vorbeikommender Touristen, insbesondere einer chinesischen Reisegruppe, wurde unser Schneemann zur kleinen Attraktion – viele blieben stehen, machten Selfies mit mit „Norbert“ und lachten.
Ein Wrack, Westmännerinseln und ein Hotpot
Auf unserem Weg in Richtung Westmännerinseln entdeckten wir an einem abgelegenen Strand ein Schiffswrack – doch anders als die üblichen rostigen Metallwracks, war dieses aus Holz. Das Wrack lag halb vergraben im schwarzen Sand und wirkte, als hätte es schon viele Jahrzehnte hier verbracht, von den Elementen gezeichnet. Die verwitterten Planken erzählten stumm von früheren Zeiten, in denen die rauen isländischen Gewässer noch gefährlicher für Seefahrer waren.
Brurarfoss und die Jagd nach den Polarlichtern
Und schließlich, kurz vor Ende der Reise, hatten wir doch noch Glück: In einer klaren Nacht tauchten die richtigen Polarlichter auf, tanzend und leuchtend über dem Himmel. Es war ein perfekter Abschluss einer abenteuerlichen Reise.
Kurz vor unserer Rückkehr nach Reykjavík machten wir noch einen Abstecher zum Brurarfoss, einem der schönsten, aber auch weniger bekannten Wasserfälle Islands. Der türkisfarbene Fluss, der sich durch die schneebedeckte Landschaft schlängelte, war ein unvergesslicher Anblick.
Fazit: 1400 Kilometer Abenteuer
Am Ende der Reise hatten wir über 1400 Kilometer zurückgelegt und unzählige unvergessliche Eindrücke gesammelt. Vom Vulkanausbruch über Gletscherwanderungen bis hin zu Polarlichtern – diese Reise hatte alles. Island im Winter ist rau, kalt und unvorhersehbar, aber genau das macht es so faszinierend.