Die Beißkraft der Kampfhunde
Im thüringischen Innenministerium entstand im Rahmen der Verbereitung der „Thüringer Gefahrhunde VO“. eine Diskussion, ob eine Rasseliste nicht deshalb notwendig wäre, weil eigens von Kampfhunden doch zusätzliche Gefahren ausgingen. Die Frage lautete, ob es die Möglichkeit gäbe; „eine Rasseliste nach den Kriterien Beißkraft, Gebissstärke und Art des Zubeißen zusammenzustellen“. Es wurde vermutet, es sei wissenschaftlich belegt, dass so genannte Kampfhunde in bestimmter Art und Weise zu beißen und sich dieser Biss schlimmer auswirke als zum Beispiel der Biss eines Schäferhundes.
Da Dr. Dieter Fleig als 2. Vorsitzender der „Gesellschaft für Haustierforschung“ gebeten wurde, zu diesem Thema Stellung zu nehmen, hat er Antworten zu dieser Frage zusammengestellt, die vielleicht über das akute Interesse des thüringischen Innenministerium hinausgehen. Er könnte sich durchaus vorstellen, dass die Abklärung gerade dieser Frage mit dazu beigetragen hatte, dass letztendlich es in Thüringen als einzigem Bundesland erreicht wurde, dass auf eine wissenschaftlich falsche und die Hundebesitzer diskriminierende Rasseliste verzichtet wurde. Nachstehend der Inhalt seiner Stellungnahme:
1. Beißkraft
Es ist fachlich bisher nicht möglich, eine exakte Messung vorzunehmen. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Unterlagen, die die gestellte Frage beantworten. Die „Tonnenbeißkraft“ ist in den Gehirnen der Journalisten entstanden, die Wissenschaftler haben bisher keine Methode gefunden, in Testverfahren ein System zu entwickeln, dass die Hunde veranlasst, mit voller Kraft gleichmäßig zuzubeißen. Dementsprechend gibt es auch keine fachlich fundierten Untersuchungen.
2. Gebissstärke
Unter Fachleuten ist es unbestritten, dass eine Reihe von Terrierrassen über eine ganz besonders ausgeprägt Gebissstärke verfügt – es handelt sich dabei in aller erster Linie um die Hunderassen, die zur Jagd unter der Erde auf Fuchs und Dachs eingesetzt sind. Wenn sie einen Scotch Terrier in seiner Gebissstärke mit irgendeiner Rasse der so genannten „Kampfhunde“ vergleichen, dann ist mit Sicherheit der Scotch Terrier bei weitem überlegen. Die Gebissstärke ist besonders bei den so genannten Molosserrassen relativ schwach entwickelt – man kann davon ausgehen, dass in Relation zur Größe sich die Gebissstärke keinesfalls parallel vergrößert. Relativ kräftige Gebisse finden wir auch bei den Jagdhunderassen.
Hinsichtlich der zur Diskussion stehenden Hunderassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und der Staffordshire Bull Terrier kann bestätigt werden, dass ihre Gebissstärke absolut normal ist, keine Auffälligkeiten vorliegen.
3. Art des Zubeißens
Es ist bekannt, dass eine Reihe von Hunden bei Angriff oder Verteidigung einmal kräftig zubeißt, dann festhält, andere Hunderassen wiederholen den Angriff mehrfach, sodass es zu mehreren Bissverletzungen kommt. Besonders die mehrfachen Beißattacken führen bei Menschen zu schweren Verletzungen – grade der Deutsche Schäferhund gehört zu dieser Art von angreifenden Hunden. Bei den so genannten „Kampfhunderassen“ kommt es in der Regel dazu, dass der Hund nur einmal fest zupackt. Je nach der Stelle, an der gebissen wird, sind die Verletzungen bei einmaligem Zupacken schwerer oder leichter als bei mehrfachen Bissen. Eine erhöhte Gefährlichkeit lässt sich hierzu jedenfalls nicht wissenschaftlich nachweisen.
Quelle: Dr. Fleig, 2. Vorsitzender der Gesellschaft für Haustierforschung
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