S-Metolachlor und das Problem der „Ewigkeitschemikalien“
Bedrohung für Natur und Trinkwasser
Die Landwirtschaft setzt seit Jahrzehnten auf chemische Herbizide, um den Ertrag zu sichern. Doch welche Auswirkungen haben diese Stoffe auf die Umwelt, und wie sicher ist unser Trinkwasser? S-Metolachlor, ein Herbizid, das insbesondere im Maisanbau zum Einsatz kam, hat wegen seiner langlebigen Abbauprodukte ESA (Ethylen-diamine-succinic acid) und OS (Oxanilic acid) erhebliche Besorgnis ausgelöst. Diese Substanzen reichern sich in der Umwelt an und können über das Grundwasser in Trinkwasserquellen gelangen. Ein Problem, das sich nicht nur auf S-Metolachlor beschränkt, sondern auch auf andere sogenannte „Ewigkeitschemikalien“ hinweist, die in der Umwelt nur schwer abbaubar sind.
S-Metolachlor: Wirkungsweise und Abbauprodukte
S-Metolachlor ist ein weit verbreitetes Herbizid, das auf Unkräuter und Gräser wirkt, indem es die Keimung und das frühe Wachstum hemmt. Doch während die landwirtschaftliche Nutzung darauf abzielt, Pflanzen zu kontrollieren, verbleiben seine Abbauprodukte, insbesondere ESA und OS, über lange Zeiträume in der Umwelt. Diese Substanzen sind wasserlöslich und können durch Regen und Bewässerung in tiefere Bodenschichten und letztlich in das Grundwasser gespült werden. Einmal dort angekommen, sind sie nur schwer wieder zu entfernen.
Verbreitung in Norddeutschland: Risiko für das Grundwasser?
In Norddeutschland, vor allem in Regionen mit sandigen Böden, wie den Landkreisen Emsland, Cloppenburg und Vechta, besteht ein erhöhtes Risiko für die Auswaschung von Pestizidabbauprodukten ins Grundwasser. Diese Böden sind besonders durchlässig, was dazu führt, dass chemische Rückstände leichter in tiefere Bodenschichten gelangen können. In den gleichzeitig landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten, insbesondere dort, wo Mais angebaut wird, ist die Wahrscheinlichkeit einer Belastung des Grundwassers durch Abbauprodukte wie ESA und OS höher. Wasserversorger in diesen Regionen müssen sich der Herausforderung stellen, die Grenzwerte für Pestizidrückstände im Trinkwasser einzuhalten, was durch die hohe Löslichkeit von ESA und OS erschwert wird. Konventionelle Wasseraufbereitungsmethoden stoßen hier oft an ihre Grenzen, da die Abbauprodukte schwer abzufangen sind.
Gesundheitliche Risiken: Was wir über ESA und OS wissen
ESA und OS sind chemisch stabile Verbindungen, die sich nicht leicht abbauen lassen. In wissenschaftlichen Untersuchungen wird vermutet, dass diese Stoffe potenziell krebserregend sein könnten oder das Hormonsystem des Menschen beeinflussen. Zwar sind die gesundheitlichen Auswirkungen noch nicht vollständig erforscht, jedoch gibt es Hinweise darauf, dass eine langfristige Aufnahme über kontaminiertes Trinkwasser das Risiko gesundheitlicher Probleme erhöhen könnte. Besonders kritisch wird dies in Regionen, in denen das Trinkwasser aus Grundwasserquellen stammt, die möglicherweise bereits mit diesen Chemikalien belastet sind.
Weitere „Ewigkeitschemikalien“: Ein breiteres Problem
S-Metolachlor und seine Abbauprodukte sind nur ein Beispiel für eine größere Gruppe von Chemikalien, die oft als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet werden. Zu dieser Gruppe gehören auch die Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS), die in der Industrie weit verbreitet sind und ebenfalls sehr schwer abbaubar sind. Diese Chemikalien können sich in der Umwelt, in Tieren und letztlich im menschlichen Körper anreichern und stellen langfristige Risiken dar. PFAS wurden in vielen Teilen der Welt bereits in alarmierend hohen Konzentrationen im Trinkwasser nachgewiesen. Die Herausforderungen im Umgang mit diesen Stoffen ähneln denen von ESA und OS: Sie sind extrem stabil, wasserlöslich und schwer aus der Umwelt zu entfernen.
Herausforderungen für Wasserversorger
Für Wasserversorger in Norddeutschland und anderen landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen ist der Umgang mit solchen Schadstoffen eine tägliche Herausforderung. Herkömmliche Wasseraufbereitungstechnologien sind oft nicht in der Lage, diese persistenten Stoffe effektiv zu entfernen. Moderne Filter- und Aufbereitungsverfahren wie Aktivkohlefiltration oder Umkehrosmose können helfen, stoßen jedoch bei der vollständigen Entfernung dieser Chemikalien oft an ihre Grenzen. Angesichts dieser Probleme wird die Sicherstellung einer sauberen Trinkwasserversorgung immer schwieriger.
Regulierung und das Verbot von S-Metolachlor
Aufgrund der potenziellen Gesundheits- und Umweltgefahren hat die Europäische Union im Jahr 2023 beschlossen, S-Metolachlor zu verbieten. Dieses Verbot ist ein wichtiger Schritt, um die Belastung von Trinkwasserquellen und Böden durch die langlebigen Abbauprodukte zu reduzieren. Doch das Verbot allein reicht nicht aus. Es beleuchtet eine weit größere Problematik, die viele Wirtschaftszweige betrifft, insbesondere die mächtige Chemieindustrie.
Viele Landwirte vertrauen auf die Beratung von Institutionen wie den Landwirtschaftskammern und den Herstellern von Pestiziden, die diese Mittel oft als „sicher“ und „unbedenklich“ bewerben. Die Landwirte sind in vielen Fällen selbst Opfer dieses Systems: Sie setzen die Mittel in der Überzeugung ein, dass sie den Standards entsprechen, ohne das volle Ausmaß der möglichen Umwelt- und Gesundheitsgefahren zu kennen. Oft sind es erst unabhängige Studien, die die tatsächliche Gefahr aufzeigen – aber dann ist es häufig zu spät, und die Chemikalien haben sich bereits in der Umwelt verteilt.
Daher ist es notwendig, eine umfassendere Strategie zu entwickeln, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Dies bedeutet nicht nur, alternative, umweltfreundlichere Methoden zur Unkrautbekämpfung zu erforschen, sondern auch, die Abhängigkeit der Landwirte von den großen Chemiekonzernen zu reduzieren. Die Verantwortung liegt in erster Linie bei den Chemiekonzernen, die diese Chemikalien entwickeln, produzieren und vermarkten, sowie bei den Zulassungsbehörden, die verpflichtet sind, die Umweltauswirkungen sorgfältig zu prüfen. Es ist ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass solche Stoffe nicht unbedacht in die Umwelt gelangen, und gegebenenfalls umweltfreundliche Alternativen zu fördern. Landwirte sollten nicht allein die Konsequenzen tragen, sondern in einem System arbeiten können, das nachhaltige Lösungen bereitstellt.
Fazit: Zeit zu handeln
Die Diskussion über S-Metolachlor und andere „Ewigkeitschemikalien“ zeigt deutlich, dass wir vor großen Herausforderungen stehen, wenn es um den Schutz unseres Trinkwassers und unserer Umwelt geht. Besonders in Regionen mit durchlässigen Böden und intensiver Landwirtschaft, wie in Teilen Norddeutschlands, müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, um die Verunreinigung von Grundwasserquellen zu verhindern. Das Verbot von S-Metolachlor ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch es bedarf weiterer Forschung und strengerer Regulierungen, um sicherzustellen, dass unsere Wasserressourcen langfristig geschützt bleiben.
Ich werde auch in Zukunft über Themen rund um den Umweltschutz und die Naturfotografie berichten, um das Bewusstsein für den Wert einer intakten Natur zu wecken. Es liegt an uns allen, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Umwelt und damit unsere Lebensgrundlagen zu schützen. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass unsere Natur und unser Trinkwasser für kommende Generationen erhalten bleiben.